Überquerung des Passo Ventina
Ausgangspunkt: Primolo
Zwischenstopp: Sassersa-Seen, Passo Ventina, Alpe Ventina (Hütten Ventina und Gerli-Porro)
Endpunkt: Chiareggio
Min. Höhe: 1.270 m
Max. Höhe: 2.676 m
Wanderzeit: 6-7 Std.
Länge: ca. 12 km
Schwierigkeitsgrad: EE
Besonderheiten: die Tour im Hochgebirge ist durch starke Höhenunterschiede gekennzeichnet
und durch die Serpentinit geprägten Marslandschaften der Sassersa-Kare; nach dem
Pass und seiner Fernsicht, geht man hinunter und streift dabei den Gletscherbereich des Val
Ventina am NO- Hang des Monte Disgrazia.
Kennzeichnung: horizontale Markierung; vor allem ab Pradaccio stößt man auf die gelben
Markierungen der 2. Etappe der Alta Via della Valmalenco.
Ausrüstung: Trekkingausstattung für Hochgebirge und raschem Wetterumschwung
Wegbelag: anfangs Weg/Saumpfad, nach den letzten Maiwiesen wird die Spur vorwiegend steinig,
teilweise abschüssig und im Schlussteil der Tour erneut ein befahrbarer Saumpfad
Beste Jahreszeit: Sommer, bei wenig Schneeresten und falls keine frühzeitigen Schneefälle oder
Vereisungen vorkommen, auch im vorgerückten Frühling oder Frühherbst. Bei besonders günstigen
Bedingungen kann die Tour auch als Skitour durchgeführt werden
Stützpunkte: Berghütte mit Notbiwak: Rifugio Gerli-Porro (1.960 m, C.A.I. Mailand) auf der Alpe
Ventina; Berghütte ohne Notbiwak: Rifugio Ventina (1.965 m) auf der Alpe Ventina
Wegbeschreibung
Von der kleinen Ortschaft Primolo (1.274 m), der Fraktion von Chiesa Valmalenco die man
im Sommer per Linienbus erreichen kann, geht es an einem Weg entlang, der links
ansteigt, bevor man den Ort erreicht (ca. 1.268 m), oder an der Straße entlang, die oberhalb
des Ortes ansteigt; die beiden Wege treffen in 1.400 m Höhe aufeinander. Man steigt
langsam den Hang in Richtung SW durch duftende Nadelbaumwälder hinauf. In 1.500
m Höhe stößt man auf eine Abzweigung, die eine eindeutige Abzweigung nach rechts
fordert, in Richtung NW, um kurz darauf die Maiwiese Prato (ca. 1.620 m) zu erreichen;
nachdem man diese charakteristische Siedlung hinter sich gelassen hat, geht es weiter aufwärts
nach Pradaccio (1.723 m), eine weitere, heute brachliegende Maiwiese. Einige
Almbesitzer nutzen heute noch die bezaubernden Strukturen als erholsame Ferienorte.
Auffallend sind die bunten Natursteinmauern, die eine auffällige rötliche
Oberflächenoxydierung aufweisen, während andere die grün-graue Farbe des Serpentinit zeigen. Diese Rotfärbung wird uns auf der der gesamten Tour begleiten und sich mit den
dunkleren Tönen der Felsen, auf denen kleine Rinnsale geflossen sind, und den grünlichen
der Ablagerungen neueren Datums abwechseln. Die Tour entwickelt sich im
Sassersa-Kar, das als eines der “Reiche” des Valmalenco- Serpentinits betrachtet wird.
Viele der Namensbezeichnungen wie Sassersa, Monte Braccia oder die entfernteren
Corni Bruciati, Sasso Nero, Sasso Moro sind den charakteristischen Felsfärbungen der Oberflächenoxydierung mit “grüne Seele” zu verdanken.
Man verlässt Pradaccio und geht durch einen Latschenwald der bis zum Sassersa-Kanal
leicht ansteigt; hier wird der steinige Anstieg nun beachtlicher und konstant und nur
in 2.200 m Höhe teilweise unterbrochen. In 1.930 m Höhe stößt man auf eine vor wenigen
Jahren gekennzeichnete Spur, auf eine Variante der Alta Via, die direkt von Giumellini her kommt, hinter dem strengen S-Grat. Diese Variante ermöglicht eine
Abkürzung der 2. Etappe (und Kraftersparnis), die sicher die anstrengendste ist. In
einer Höhe gegen 2.360 m hin, wird der Hang “ebener” und vorne öffnet sich in
Richtung SW die Mulde die durch Gletscher entstanden ist; hier findet man die 3 kleinen
Sassersa- Seen, in kleinen Karen in verschiedenen Höhen. Zwischen dem 2. See
(2.393 m), dem größten, und dem 3. See (2.402 m) bemerkt man einen charakteristischen,
helleren Felsstreifen und mit etwas Aufmerksamkeit erkennt man auch seine
Kontinuität. Es handelt sich um einen horizontalen Ophicalcit Streifen mit von
Karbonaten einzementierten Serpentinit-Elementen, der gerade in diesem Bereich in
den vergangenen Jahrhunderten Forschungsobjekt für die Mineraliengewinnung von
Kupfer und Eisen darstellte.
Nach einer angenehmen Rast an den Seen, bei der man auch die darüber liegenden
Gipfel bewundern kann - im SW ragt der Pizzo Giumellino (3.091 m) empor - nimmt man
die Wegspur wieder auf, die oberhalb des ersten Sees zum Passo Ventina ansteigt. Nach einer weiteren Mulde mit einigen großen Felsen, die im W vom Pizzo Rachele überragt
wird, geht es in Richtung Passo Ventina weiter, der nicht zufällig an einem anderen “Felsensplitter” liegt, der sich von den umliegenden unterscheidet. Auf dem Pass
erscheint der Boden tatsächlich in einem entschieden ungewöhnlichen Grauton: man befindet sich auf einem Gneiss-Aufschluss der Margna-Schicht, der in Wirklichkeit
auch noch weiter nach SO reicht, aber dort durch Geröll abgedeckt wird. Am Pass
(2.676 m) ist der Blick auf den Disgrazia sicher besonders lohnend, aber auch alle anderen
Richtungen sind höchst interessant. Auf der anderen Seite fällt der Hang ins Val
Ventina ab und im Hintergrund kann man klar Alm und Berghütten erkennen. Der
Abstieg, zuerst auf feinen und nicht besonders stabilen Untergrund muss vorsichtig
erfolgen. Weiter unten kann man teilweise auf Schneereste treffen, die, wenn sie nicht
gefroren sind, den Abstieg erleichtern. Man steigt aber ganz schnell auf eine Höhe von
2.200 m hinunter, zwischen dem Hang und der eindrucksvollen seitlichen Moräne
rechts des Ventina. Man erreicht den Kamm und geht in Richtung Tal, bis man auf
einen Weg stößt, der ins Tal führt. Einige ungewöhnliche längliche blaue Zeichen
gehören zur Markierung des Sentiero Glaciologico V. Sella, eine interessanter
Lehrpfad, der bis in die Nähe der Stirnseite des Gletschers alle Rückzugsphasen der
beiden letzten Jahrhunderte veranschaulicht. Nachdem man die Hochebene erreicht
hat (ca.1.962 m) stößt man auf einen durchgehenden Grasteppich und Baumwuchs.
Nach einigen Stunden steinigen Geländes ist dies genau das Richtige. Die Hütten
ermöglichen die verdiente Rast und auch wenn hier kein Vieh auf den Weiden steht,
ist dies sicher einer der bekanntesten und meist besuchtesten Orte des Tals. Von der Alpe Ventina aus erreicht man Chiareggio (1.600 m) in ungefähr einer halben Stunde,
auf einem bequemen befahrbaren Saumpfad, der natürlich dem öffentlichem Verkehr
nicht zugänglich ist.
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